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Neues Aktienrecht: Frist zur Statutenanpassung läuft Ende 2024 aus
Das neue Aktienrecht ist 2023 in Kraft getreten. Am 31.12.2024 endet nun die zweijährige Übergangsfrist, während der die Firmenstatuten an das neue Recht angepasst werden können. Wenn Sie als Inhaber/in, Mitglied des Verwaltungsrats oder als Geschäftsführer/in einer AG oder GmbH noch nichts unternommen haben, sollten Sie unbedingt Ihre Statuten prüfen.
Die Aktienrechtsrevision hat verschiedene Neuerungen gebracht. Zum Beispiel kann neu die Generalversammlung auch «virtuell», auf elektronischem Weg durchgeführt werden. Damit diese und alle anderen Neuerungen in der eigenen Unternehmung gelten, braucht es eine entsprechende Regelung in den Statuten. Doch was passiert, wenn ein Unternehmen diese Neuerungen gar nicht einführen will? Braucht es dennoch eine Statutenrevision?
Die Übergangsbestimmungen der Aktienrechtsrevision halten klar fest, dass alle Bestimmungen, die den neuen Regelungen widersprechen, ab 01.01.2025 von Gesetzes wegen automatisch ausser Kraft gesetzt und durch die gesetzlichen Regelungen ersetzt werden. Wenn Sie also in Ihren Statuten oder Reglementen Passagen haben, die dem neuen Aktienrecht widersprechen, gelten diese Punkte im neuen Jahr nicht mehr, auch wenn sie immer noch so in Ihren Statuten festgeschrieben sind.
Unsere Handlungsempfehlung
Wir empfehlen Ihnen daher dringend, bis Ende Jahr Ihre Statuten und Reglemente zur Hand zu nehmen, und diese mit den geltenden Bestimmungen zu vergleichen. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Statuten auch ab 2025 den geltenden Gesetzesbestimmungen entsprechen.
Dort, wo Standard-Statuten (Bsp. des eidg. Handelsregisteramts) gelten, kann mit einer Totalrevision unter Verwendung neuer Musterstatuten eine effiziente und kostengünstige Anpassung an das neue Recht erfolgen. Falls die Statuten einer AG oder GmbH jedoch individuelle Regelungen enthalten, muss die Statutenrevision auch individuell geprüft werden. In Aktionärsbindungsverträgen finden sich hin und wieder Bezüge zu den Gesellschaftsstatuten, sodass in diesen Fällen ebenfalls ein allfälliger Anpassungsbedarf abzuklären ist.
So oder so müssen bei der Vornahme einer Statutenrevision gewisse Formvorschriften eingehalten werden. Die Statutenänderung muss im Rahmen einer ordentlichen oder ausserordentlichen Generalversammlung rechtskräftig beschlossen und durch einen Notar öffentlich beurkundet werden.
Inhaltliche Anpassungen
Welche Punkte können aufgrund des revidierten Aktienrechts neu in die Statuten überführt werden? Insbesondere die Organisation und Durchführung der Generalversammlung hat einige Änderungen erfahren und wurde an die heutige Zeit angepasst. Nachfolgend finden Sie die Auswahl der in der Praxis relevantesten Neuerungen. Für weiterführende Informationen lesen Sie unseren umfassenden Fachartikel zur Fragestellung der Notwendigkeit von Statutenänderungen aufgrund des neuen Aktienrechts.
Generalversammlung auf elektronischem Weg
Eine Generalversammlung kann neuerdings auch elektronisch abgehalten werden. Auch diese Möglichkeit muss aber in den Statuten vorgesehen sein, ansonsten sie nicht zulässig ist. (Betreffend Stimmrechtsvertreter verweisen wir auf die vorgängigen Ausführungen).
Generalversammlung im Ausland
Neu ist es möglich, die Generalversammlung einer Schweizerischen Gesellschaft im Ausland durchzuführen, wenn die Statuten dies vorsehen und in der Einberufung ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter bezeichnet wird, wobei die Aktionäre nicht-kotierter Gesellschaften einstimmig auf einen unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichten können.
Delegation der Geschäftsführung
Führt der Verwaltungsrat die operativen Geschäfte der Gesellschaft nicht selber, delegiert er diese an einzelne Mitglieder des Verwaltungsrates oder an Drittpersonen. Diese Delegation bedurfte bisher einer statutarischen Grundlage (Delegationsnorm) und eines Organisationsreglements. Während im neuen Recht die Delegationskompetenz nun auch ohne statutarische Delegationsnorm vermutet wird, bleibt das Organisationsreglement weiterhin eine zwingende Voraussetzung dafür.
Stichentscheid des Vorsitzenden
Neu kann in den Statuten vorgesehen werden, dass der Vorsitzende der Generalversammlung bei Stimmengleichheit den Stichentscheid hat. Weil dieser Entscheid weitreichende Folgen hat, schliesslich ist der bzw. die Vorsitzende der Generalversammlung mit seinem bzw. ihrem Entscheid das Zünglein an der Waage, braucht es für den Beschluss dieser Statutenänderung das doppelte qualifizierte Quorum (mindestens zwei Drittel der vertretenen Stimmen und die Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte).
Reservenzuweisung und Dividendenausschüttung
Als wesentliche Neuerung kann hervorgehoben werden, dass auf eine zweite Reservenzuweisung in Zukunft verzichtet wird und nun klar ist, dass auch gesetzliche Reserven, welche 50% des im Handelsregister eingetragenen Kapitals übersteigen (20% bei Holdinggesellschaften), ausgeschüttet werden dürfen. Gesellschaftsstatuten, welche altrechtliche Reservenvorschriften enthalten oder auf solche verweisen, bedürfen einer Änderung.
Aktienkapital in Fremdwährung
Neu kann das Aktienkapital, wenn es die Statuten vorsehen, auch auf Fremdwährung (Euro [EUR], US-Dollar [USD], Britische Pfund [GBP] und Japanische Yen [JPY] lauten. Der Gegenwert muss mindestens CHF 100’000 betragen. Eine Voraussetzung, um das Aktienkapital auf die wesentliche, sog. funktionale Währung umzustellen, ist, dass die Buchführung und die Rechnungslegung in derselben Fremdwährung geführt werden. Die Aktien müssen einen Nennwert aufweisen, der grösser als Null ist. Bisher betrug der Nennwert mindestens 1 Rappen.
Kapitalband
Durch die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in den Statuten kann der Verwaltungsrat ermächtigt werden, während einer Dauer von maximal fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer Brandbreite eines Kapitalbandes zu verändern. Das schliesst sowohl Erhöhungen aus auch Herabsetzungen ein. Dies ist aber nur möglich, wenn eine eingeschränkte Revision vorliegt.
Beabsichtigte Sachübernahme
Vor der Aktienrechtsrevision mussten bei einer beabsichtigten Sachübernahme diverse formelle Voraussetzungen (wie z.B. Aufnahme in den Statuten etc.) eingehalten werden. Diese formellen Voraussetzungen sind ab 2023 nicht mehr notwendig.
Weitere prüfenswerte Aspekte
Die Notwendigkeit einer Statutenänderung im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Aktienrechtes empfehlen wir zu nutzen, um gleichzeitig auch andere Aspekte zu prüfen. Dazu gehören:
Organisationsreglement bei delegierter Geschäftsführung
Es empfiehlt sich, das Organisationsreglement und dessen Einhaltung periodisch zu überprüfen. Das Reglement stellt einen wesentlichen Teil der Delegationsordnung an die Geschäftsführung dar und ist daher auch für die Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates von grosser Bedeutung.
Nachweis der Aktionärszusammensetzung
Aus der Praxis hat sich aus mehreren Fällen von Aktientransaktionen, die wir begleiten durften, die Erkenntnis ergeben, dass bei früheren Transaktionen oftmals die notwendigen formalen Voraussetzungen für eine gültige Aktienübertragung nicht immer erfüllt waren. Ohne gültige Übertragung der Aktien können diese von einem vermeintlichen Erwerber auch nicht weiterveräussert werden.
Es lohnt sich daher, insbesondere im Hinblick auf anstehende Nachfolgeregelungen oder der Aufnahme neuer Geschäftspartner*innen die Aktienübertragungskette zu überprüfen und gegebenenfalls mangelhafte Übertragungen nachzubessern.
Wenn Sie Fragen zum Anpassungsbedarf Ihrer Statuten haben oder generell Unterstützung bei der Umsetzung der Statutenrevision benötigen, helfen wir Ihnen gerne weiter.
Manuel Waser
Mitglied der Geschäftsleitung
manuel.waser@treuvision.ch
+41 43 222 59 99